Fritz Wüst und die Kernproblematik der Metallforschung

Fritz Wüst und die Kernproblematik der Metallforschung

Im Frühjahr des Jahres 1917 verfasste Professor Dr. Fritz Wüst, der damalige Leiter des Eisenhüttenmännischen Instituts der Technischen Hochschule (TH) Aachen, eine Denkschrift über den aktuellen Stand der Eisenhüttenkunde in Deutschland und die Errichtung eines Eisenforschungsinstituts, die Wüst sowohl dem Preußischen Kultusministerium als auch dem Verein Deutscher Eisenhüttenleute (VDEh) vorlegte.[1] Wüst, der später zum ersten Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Eisenforschung (KWIE) ernannt werden sollte, beschrieb in dieser Denkschrift exakt die bis heute gültige Kernproblematik der Metallforschung und die Leitlinien des Instituts.

„Es erscheint nun vollkommen ausgeschlossen, daß die Industrie sich von ihrem Prinzip der Geheimhaltung freimacht, so daß eine rasche Förderung unserer metallurgischen Erkenntnis nur durch ein Forschungsinstitut erwartet werden kann. Wenn auch die Hochschulinstitute ihrerseits manches Wertvolle gebracht haben, so werden sie bezüglich ihrer Produktionsfähigkeit stets durch den Umstand eingeschränkt bleiben, daß ein großer Teil der Arbeiten infolge der Teilnahme ungeübter Kräfte (Studierende, Doktoranden) nur langsam voranschreitet und nur teilweise als wissenschaftlicher Fortschritt bezeichnet werden kann. Ein reines Forschungsinstitut ist von derartigen Hemmungen frei. [...] Das Institut wird zweckmäßig seine Tätigkeit nicht nur auf Eisen und Stahl, sondern auch auf die übrigen technisch wichtigen Metalle und Legierungen erstrecken, da nur dann die gegenseitigen Beziehungen der einzelnen Metalle untereinander, die Ähnlichkeiten und Abweichungen ihrer Eigenschaften, ihre Erzeugungs- und Verarbeitungsmöglichkeiten in vollem Umfange erkannt und nutzbar gemacht werden können.“[2]



[1] Vgl. Dönges, Wilhelm: Geschichte und Entwicklung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Eisenforschung zu Düsseldorf, in: Mitteilungen aus dem Kaiser-Wilhelm-Institut für Eisenforschung zu Düsseldorf, Bd. XXV, Düsseldorf 1942, S. 4 u. Flachowsky, Sören: Von der Wagenburg der Autarkie zu transnationaler Zusammenarbeit. Der Verein Deutscher Eisenhüttenleute und das KWI/MPI für Eisenforschung 1917-2009, in: Maier, Helmut; Zilt, Andreas; Rasch, Manfred (Hrsg.): 150 Jahre Stahlinstitut VDEh 1860-2010, Essen 2010, S. 671-708, S. 675.

[2] Wüst, Fritz: „Über die Entwicklung, den Standmetallurgischer Erkenntnis in Deutschland und über die Mittel zu deren Förderung“, Denkschrift vom 12. März 1917, MPG-Archiv, D 2.

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