08: Das Max-Planck-Institut für Eisenforschung seit den 1950er Jahren

Nach dem Kriegsende hatte sich die Situation der metallkundlichen Forschung grundlegend verändert. Außerhalb Deutschlands hatte bereits während des Zweiten Weltkriegs die physikalische Metallkunde bedeutende Fortschritte gemacht und nahm zunehmend Einfluss auf die Praxis.

Obwohl diese internationalen Entwicklungen in der Forschung durchaus vielfach auf deutschen Grundlagen aufbauten, bestand in der physikalischen Metallkunde in Deutschland ein Forschungsrückstand, den es nun aufzuholen galt. Das Max-Planck-Institut für Eisenforschung (MPIE) war daher geradezu gezwungen, dieses neue Forschungsfeld in seinen Arbeitsplan aufzunehmen und mit allem Nachdruck zu fördern.[1]

Die notwendige Intensivierung in diesem Forschungsbereich führte zur Einrichtung von Laboratorien für Kalorimetrie, Korrosion und Theoretische Mechanik, deren Entwicklung rasch voranschritt. Weiterhin war eine Erweiterung der Einrichtungen für die mechanisch-technologische und für die metallurgische Forschung erforderlich, so dass bereits im Jahr 1953 mit der Ausarbeitung von Erweiterungsplänen begonnen wurde. Schließlich fiel die Entscheidung für einen Hallenbau in Verbindung mit Laboratorien, die nach dem Vorbild der alten Hallen errichtet werden sollten. Die Baukosten in Höhe von 2,7 Millionen DM wurden vom Verein Deutscher Eisenhüttenleute (VDEh) aus der Forschungsumlage bestritten. Bis Oktober 1958 konnten die verschiedenen Laboratorien ihre neuen Arbeitsräume beziehen.[2]

Neben diesen räumlichen Erweiterungen nahm auch die Zahl der Institutsmitarbeiter in den 1950er Jahren deutlich und rasant zu. Während im Jahre 1950 erstmals seit Kriegsende wieder über 100 Mitarbeiter am MPIE beschäftigt waren, waren es 1955 bereits 249. Bis 1958 stieg die Zahl der Beschäftigten auf 280 an.[3] Im folgenden Jahr wurde Direktor Wever emeritiert und Willy Oelsen übernahm die Leitung des Instituts, welches er aufgrund der stetig wachsenden Anforderungen von 1962 bis 1964 nochmals um einen Labortrakt erweitern ließ.[4]

Der notwendige Ausbau des Instituts ergab sich aus den weltweiten Innovationsschüben in der Stahl- und Eisenerzeugung, war aber auch das Resultat einer intensiveren internationalen Zusammenarbeit, die bereits unter Franz Wever eingeleitet wurde und mit der das Institut seine bis 1945 verfolgte nationale, isolationistische Grundausrichtung aufgab. Im Rahmen der gemeinschaftlichen Stahlforschung der 1952 gegründeten Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), der „Montanunion“, erhielt das MPIE finanzielle Unterstützung und entwickelte sich zu einem festen Bestandteil eines europäischen Expertennetzwerkes.[5] Dadurch wurden regelmäßige Zusammenkünfte mit Angehörigen der anderen europäischen Forschungseinrichtungen nötig, wie etwa des Centre National de Recherches Métallurgiques in Lüttich, des Institut de Recherches de la Sidérurgie Francaise in St-Germain-en-Laye, des Metaal-Institut TNO in Delft und des Centro Sperimentale Metallurgico in Rom. Die gemeinschaftlich durchgeführten Untersuchungen haben die Entwicklung der Werkstoffkunde von Stahl außerordentlich gefördert.[6]

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[1] Max-Planck-Institut für Eisenforschung: 10 Jahre Eisenforschung 1945-1954, Düsseldorf 1955, S. 9 f.

[2] Max-Planck-Institut für Eisenforschung: Bericht über das Jahr 1958, Düsseldorf 1959, S. 7 f.

[3] Ebd., S. 7 u. Max-Planck-Institut für Eisenforschung: Bericht über das Jahr 1955, Düsseldorf 1956, S. 7.

[4] Flachowsky, Sören: Das Max-Planck-Institut für Eisenforschung Düsseldorf; in: Gruss, Peter; Rürup, Reinhard (Hrsg.): Denkorte. Max-Planck-Gesellschaft und Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft: Brüche und Kontinuitäten 1911-2011, Dresden 2010, S. 128-135, S. 132.

[5] Ebd., S. 132f. u. Ders.: Von der Wagenburg der Autarkie zu transnationaler Zusammenarbeit. Der Verein Deutscher Eisenhüttenleute und das KWI/MPI für Eisenforschung 1917-2009, in: Maier, Helmut; Zilt, Andreas; Rasch, Manfred (Hrsg.): 150 Jahre Stahlinstitut VDEh 1860-2010, Essen 2010, S. 671-708, S. 695 f.

[6] Max-Planck-Institut für Eisenforschung: Bericht über die Jahre 1965 bis 1970, Düsseldorf 1971, S. 239.

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