Von der Herstellung zur Anwendung: wie Materialien über ihren gesamten Lebenszyklus nachhaltiger werden können

Dr. Xuyang Zhou leitet die neue Forschungsgruppe "Atomic Scale Dynamics of Sustainable Materials".

Die deutsche Bundesregierung und viele weitere Nationen wollen bis 2050 klimaneutral werden. Dieses Ziel erfordert eine maßgebliche Umstellung bestehender Technologien und Prozesse, um zum Beispiel Treibhausgasemissionen weitestgehend zu vermeiden oder zu kompensieren. Struktur- und Funktionswerkstoffe spielen hierbei eine entscheidende Rolle, da ihre Produktion bislang CO2-intensiv und ihre Lebensdauer aufgrund rauer Betriebsbedingungen begrenzt ist. Dr. Xuyang Zhous neue Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Nachhaltige Materialien (MPI SusMat) „Atomic Scale Dynamics of Sustainable Materials“ untersucht den gesamten Lebenszyklus von Werkstoffen mit modernsten Mikroskopiemethoden, um sie von der Produktion zur Anwendung nachhaltiger zu machen.

„Ich freue mich sehr darauf, ein Team zu leiten, das die verschiedenen Aspekte nachhaltiger Materialwissenschaften zusammenbringt", sagt Zhou. „Unser Beitrag liegt darin, die Herstellung und Anwendung von Materialien in Echtzeit, in der Fachsprache in-situ genannt, durch Transmissionselektronenmikroskopie zu beobachten. Wir setzen nicht erst dort an, wo die chemische Reaktion schon stattgefunden hat, sondern gewinnen Einblick was in jeder Phase auf der atomaren Ebene innerhalb des Materials passiert. Das ist eine herausfordernde, aber erfolgversprechende Aufgabe.“

Transmissions-Elektronenmikroskope schießen Elektronenstrahlen durch eine Probe und erzeugen so Bilder auf atomarer Ebene. In Kombination mit Gasflusshaltern und anderen Instrumenten ermöglichen sie die Echtzeitbeobachtung chemischer Reaktionen in festen, gasförmigen und flüssigen Proben. Während die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Zhous Forschungsgruppe aus Eisenerzen Eisen gewinnen (Eisenreduktion), beobachtet das Team den Einfluss verschiedener Reduktionsmittel und ihre chemische Reaktion und Phasenumwandlung in reaktiven Gasatmosphären. Das Verständnis wie verschiedene Reduktionsmittel und Umgebungsbedingungen das Eisen beeinflussen, hilft auch dabei die Lebensdauer von Eisen, Stahl und anderen Werkstoffen langfristig zu verlängern. Eisen-, Aluminium- und Nickellegierungen werden unter realen Bedingungen unter dem Mikroskop beobachtet, wodurch die Auswirkungen von Hitze, Kraft, Korrosion oder wasserstoffreichen Atmosphären direkt sichtbar gemacht werden können. Die Beobachtung dieser Prozesse während ihres Ablaufs ermöglicht genauere Simulationen von Materialversagen. Werden diese Mechanismen verstanden, können die Materialeigenschaften entsprechend optimiert werden.

Die dynamische Analyse gepaart mit Computersimulationen, geben Aufschluss über die zugrundeliegenden Mechanismen und Optimierungsmöglichkeiten für nachhaltige Materialien. Angesichts des interdisziplinären Charakters der Gruppe ist die umfassende Zusammenarbeit mit internen und externen Partnern von zentraler Bedeutung.

Zhou, der seinen Abschluss in Materialwissenschaften an der University of Alabama, USA, gemacht hat, kam 2019 mit einem Stipendium der Max-Planck-Gesellschaft an das Düsseldorfer Max-Planck-Institut. Mit einem Humboldt-Stipendium spezialisierte er sich weiter auf die Transmissionselektronenmikroskopie. Bevor er Projektgruppenleiter wurde, arbeitete Zhou als stellvertretender Gruppenleiter der „Atom Probe Tomography“-Gruppe am MPI SusMat.

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